Tag 21: Odessa – Chișinău

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Die Flagge Moldaus ist identisch mit der Rumäniens und Andorras (leicht hellerer Blauton), hat jedoch ein Seitenverhältnis von 1:2 anstatt 2:3 bzw. 7:10.

Eins vorneweg: Es tut mir leid, dass es gestern keinen Eintrag gab. Ich hatte mir soviel Mühe gegeben und im Hostel in Iwano-Frankiwsk in der Ukraine drei Stunden daran geschrieben, doch WordPress hat den Entwurf nicht wie üblich gespeichert, warum auch immer. Die Folge: Alles futsch und wiederherstellen ließ es sich auch nicht. Weil es dann schon 1 Uhr in der Nacht war und wir heute einen kompletten Tag Fahrt vor uns hatten, dementsprechend früh aufstehen mussten, musste ich den Blogeintrag auf heute verschieben. Jetzt sitze ich also in Krakau im Hostel und schreibe über Tag 21, vorgestern den 19. August. Wir fuhren an dem Tag von Odessa nach Chișinău (sprich Kischinau).

Diese Strecke hatten wir uns für den Weg zurück in Richtung Krakau ausgesucht, da sie interessanter ist, als wenn wir einfach wieder über Kiew und Lemberg fahren würden. Nun also durch die Republik Moldau (so der offizielle Landesname, umgangssprachlich auch Moldawien genannt).

Die zwischen Pruth und Dnister gelegene Republik hat eine gemeinsame Geschichte mit seinem westlichen Nachbarn Rumänien, was nicht nur an der Flagge (gleiche Farben), sondern auch an der gemeinsamen Sprache (Rumänisch) und am Namen der Währung (Moldauische Leu bzw. Rumänische Leu) zusehen ist. Beide Länder waren Anfang des 20. Jahrhunderts Teil des Großrumänischen Reiches. Im Gegensatz zu Rumänien war Moldau jedoch ab 1940 (infolge des Hitler-Stalin-Paktes) Teil der Sowjetunion.

Der östlich des Dnisters (siehe Karte weiter unten) gelegene, völkerrechtlich zu Moldau gehörende Teil Moldaus, hat sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion unter dem Namen Transnistrien (Trans (lat.) für jenseits des Dnisters) abgespalten, wird aber von keinem Land der Welt anerkannt. Transnistrien wurde oft als Freilichtmuseum des Kommunismus bezeichnet. Die Zeit schien dort in der Sowjetzeit stehengeblieben zu sein. Sowjetische Symbole waren allgegenwärtig, die Flagge Transnistriens ist dieselbe, die die Moldauische Sowjetrepublik führte, inklusive Hammer und Sichel, selbst der KGB existiert dort noch. Ende letzten Jahres wählten die Transnistrier einen neuen Präsidenten, seit dem, so mein Kommilitone der vor ein paar Tagen dort war, hätte sich dort viel getan und der sowjetische Symbolismus sei verschwunden. Die kürzeste Strecke nach Chișinău wäre von Odessa durch Tiraspol, der Hauptstadt von Transnistrien, gegangen. Doch die Korruption blüht dort und wahrscheinlich wären wir auf der Durchfahrt mehrfach von Polizisten herausgewunken worden, um deren Gehalt etwas aufzubessern. Dazu kommt, dass Transnistrien zwar völkerrechtlich zu Moldau gehört, de facto aber unabhängig ist. Transnistrien hat eine eigene Währung (den Transnistrischen Rubel), eine eigene Flagge, eine eigene Polizei, eigene Kfz-Kennzeichen (die wir schon in Odessa oft gesehen hatten), eine eigene Verwaltung, eigene Pässe, eine Regierung und damit einen funktionierenden Staatsapperat, in dem die moldauischen Behörden keine Kontrolle haben. Der abtrünnige Landesteil Transnistrien (selbst ernannte „Pridnestrowische Moldauische Republik“) befindet sich außerhalb der Kontrolle der moldauischen Regierung. So die Stellungnahme des Auswärtigen Amtes. Wir entschieden uns deswegen dazu, Transnistrien zu umfahren und ein anderes Mal mit dem Flieger nach Chișinău fliegen um von dort aus mit dem Bus nach Tiraspol oder Bender (eine geteilte Grenzstadt zwischen Moldau und Transnistrien) zu fahren. Das soll wesentlich entspannter sein.

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Flagge Transnistriens, identisch mit der Flagge der ehemaligen moldauischen Sowjetrepublik.

Die Oblast Odessa wird durch den Dnister-Liman, eine Art Mündungsbucht, in zwei Teile geteilt. Der westliche Teil, der den Namen Budžak trägt, ist nur über eine schmale Landbrücke im Süden, oder nördlich des Limans über moldauisches Gebiet erreichbar. Wir fuhren nördlich des Limans durch den Dnister-Nationalpark in Richtung Grenze

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Transnistrien (rot) versperrte uns den kürzesten Weg nach Chișinău, deswegen fuhren wir über Palanca, eine Grenzstadt nördlich des Dnister-Limans (blauer Kasten). Die Donaumündung war nicht weit entfernt. Wie man hier sieht, hat Moldau nur zwei Nachbarländer, Rumänien und die Ukraine. Quelle zur Karte siehe Ende des Blogeintrags.

Wir fuhren schon eine Zeitlang immer parallel des Dnisters, der übrigens im 18. Jahrhundert der Grenzfluss zwischen dem Großfürstentum Polen-Litauen und dem Osmanischen Reich war, entlang, bis die ukrainische Grenzstation auftauchte. Weil die Straße relativ klein war, war die Grenzstation entsprechend angepasst. Es gab kein großes Areal, sondern man hatte links und rechts der Straße Häuschen postiert. Zunächst Versicherunsghäuschen, an denen man bei Bedarf eine Kfz-Versicherung kaufen konnte, dann Pass- und Zollkontrollhäuschen. Die Straße an sich war offen, man hätte theoretisch also einfach durchbrettern können, was wir natürlich nicht gemacht haben. Wir mussten rechts ranfahren und dann wieder mit unseren Papieren, Pässen und dem bekannten weißen Zettel von Häuschen zu Häuschen laufen um unsere Stempel abzuholen. Die Grenzbeamte haben einmal kurz durchs Auto geguckt und dann konnten wir weiterfahren. Alles in allem ganz unkompliziert. Wir erwarteten als nächstes die moldauische Station, aber es kam über 4 Kilometer lang nichts als Wiesen und Felder auf der linken und der Dnister auf der rechten Seite.

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Der Dnister, hier vollständig auf ukrainischem Gebiet, noch vor den Grenzpfosten, aber bereits nach der ukrainischen Grenzstation.

Erst dann sahen wir links die Grenzpfosten, die uns anzeigten, dass wir nun moldauischen Boden befuhren.

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Ukrainisch-moldauische Grenze. Der Stein in der Mitte markiert die Grenzlinie.

Nun folgten erneut 3 Kilometer Natur, bis wir an eine Abbiegung kamen. Wir mussten rechts nach Palanca abbiegen, die Straße führte uns ins Landesinnere. Geradeaus währen wir nach weiteren 4 Kilometern wieder in die Ukraine, genauer gesagt in den Budžak gekommen. Auf Google Maps ist an dieser Stelle noch eine große Grenzstation zu erkennen, die die gesamte Abbiegung überspannt. Aber anscheinend ist dieser Aufwand nicht mehr nötig. Ukrainer, die einfach nur in den Budžak wollten, können nun die 7 Kilometer moldauisches Gebiet über die E87 ohne Grenzkontrolle passieren, da sie eh nicht ins Landesinnere kommen, solange sie nicht an dieser einen Kreuzung nach Palanca abbiegen. Die Grenzstation wurde zurückgebaut und befindet sich jetzt direkt unmittelbar in der Abbiegung, so das die Straße die geradeaus führt frei passierbar ist. Wir reihten uns in die Abbiegeschlange ein und standen dort dann vor einem Schlagbaum. Zur Veranschaulichung hier eine Karte vom äußersten Osten Moldaus.

Moldau
Unten rechts im Bild ist der Dnister-Liman zu erkennen. Der Dnister bildet oben im Bild sichtbar die Grenze zwischen der Ukraine und Moldau, im nördlicheren Verlauf dann die Grenze zwischen Moldau und Transnistrien. Die E87 führt geradewegs einmal über moldauisches Gebiet und verbindet so die Ukraine mit dem abgeschnittenen Budžak. Die Grenzsstation ist in dem Knick, an dem die R52 von der E87 abgeht und über Palanca ins Landesinnere führt.

Die moldauischen Grenzbeamten trugen, im Gegensatz zu den Ukrainern, wieder blaue Polizeiuniform. Der Aufdruck Politia de Frontierra klang etwas italienisch, war aber Rumänisch, die Landessprache Moldaus. Mussten wir bisher immer selbst mit unseren Pässen und Dokumenten von A nach B laufen und uns die entsprechenden Stempel holen, so kamen hier die freundlichen Beamten auf uns zu, nahmen uns die Pässe ab und erledigten alles weitere für uns, so das wir uns um nichts kümmern brauchten. Nicht nur deswegen waren die moldauischen Grenzpolizisten auf dieser Reise mit Abstand die nettesten. Wir brauchten noch eine Vignette für die Straßenmaut (in Moldau gibt es keine Autobahn), die es gleich an der Grenze zu kaufen gab. Bei dem Wort Vignette erwarteten wir einen Aufkleber, den man, wie in Österreich oder der Schweiz hinter die Windschutzscheibe klebt. Wir bekamen aber eine auf Tabellierpapier gedruckte und gestempelte Bestätigung, dass wir die 5€ Gebühr für 7 Tage entrichtet hatten. Diese Bescheinigung mussten wir bei der Ausreise wieder abgeben, ansonsten hätten wir eine Strafe von 45 € bezahlen müssen. Im Internet haben wir gelesen, dass die Polizisten in Moldau korrupt seien und das man abgezockt wird, die Erfahrung haben wir nicht gemacht, im Gegenteil. Wir hatten keinerlei Probleme und wurden durchweg freundlich und zuvorkommend behandelt. Die Verständigung klappte am Besten auf Russisch, was in Moldau noch relativ weit verbreitet ist.

Nachdem wir unsere Pässe mit den Einreisestempeln wiederbekamen und unsere Vignette hatten, konnten wir die Reise ins Innere dieses kleinen Landes antreten. Mehr zu diesem spannenden Fleckchen Erde gibt es morgen.


Quellen:

  • Fotos: Copyright by Dennis Rabeneick. Veröffentlichung oder Vervielfältigung nicht ohne Erlaubnis gestattet.
  • Flaggen: Gemeinfrei aus Wikipedia.
  • Karte von Transnistrien: Wikimedia Commons. Autor: TUBS. Abgerufen am 20. August 2017. Bearbeitet (Text und Markierung) von Dennis Rabeneick.

 

 

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